Ein neues Maß der Unverhältnismäßigkeit

Wie die französische Polizei aufgrund des Verdachts der Sachbeschädigung einen minderjährigen Fußballfan tagelang einsperrt

Nach dem Derbysieg des 1. FC Kaiserslautern gegen den Karlsruher SC dürften die meisten FCK-Anhänger einen gelungenen Samstagabend verbracht haben. Die Abstiegsangst fast gebannt, das Südwestderby für sich entschieden – eigentlich ein perfekter Tag für jeden Fan der roten Teufel. Zahlreiche rot-weiße Anhänger reisten nach diesem wichtigen Sieg weiter nach Frankreich, um den seit vielen Jahren befreundeten Anhang des FC Metz im Abstiegskampf der Ligue 1 zu unterstützen und die beiden Siegen zusammen zu feiern. Für das 17 Jährige RWH-Mitglied Sven (Name geändert)  endete der Abend jedoch in französicher Haft – wegen des Verdachts der Sachbeschädigung.
Wir haben auf unserer Seite schon von einigen Fällen berichtet, bei welchen Fußballfans einer unverhältnismäßigen Behandlung durch die Polizei ausgesetzt waren. Unser neuester Fall schockiert trotzdem wie kaum ein zweiter.

So soll es im Metzer Stadtzentrum nach besagtem Spiel am Samstagabend zu fortgeschrittener Stunde zu Sachbeschädigungen gekommen sein. Bei den anschließenden Kontrollen durch die französische Polizei kam es daraufhin zu willkürlich wirkenden Verhaftungen  von Einzelpersonen aus einer großen Masse heraus, darunter auch dem 17-jährigen Sven. Dieser musste anschließend die Nacht in französischem Gewahrsam verbringen. Nur um noch einmal daran zu erinnern: der Grund für die Verhaftung und die Nacht in Gewahrsam ist einzig und allein der Verdacht (!) der Sachbeschädigung. Schon diese äußerst unverhältnismäßige Behandlung löst bei uns Kopfschütteln aus. Die weiteren Vorgänge am Sonntagmorgen lassen uns jedoch nur noch ungläubig staunen.

So verlängerte die französische Polizei die Haft für Sven völlig überraschend bis Dienstag, eine Abholung durch Svens Vater wurde kurzfristig abgelehnt. Trotz mehrmaliger Aufforderung von Svens Vater wurden keine Informationen zur Tat, dem Gesundheitszustand von Sven und dem folgenden Verfahren herausgegeben. Des Weiteren wurde es den Familienangehörigen untersagt, mit Sven zu sprechen oder ihn gar zu sehen.

Wir als RWH finden zu diesem Vorgehen der französischen Polizei keine Worte. Einen minderjährigen Jungen aufgrund des Verdachts der Sachbeschädigung über 3 Tage in Gewahrsam zu behalten, jeglichen Kontakt zur Außenwelt abzuschneiden und nicht einmal den Eltern Svens eine Auskunft über seinen persönlichen Zustand zu geben, grenzt an eine Menschenrechtsverletzung und ist so nicht hinzunehmen. Wir haben den Kontakt mit der deutschen Botschaft in Frankreich aufgenommen und werden alles versuchen, um dieses Vorgehen der französischen Beamten zu unterbinden und Sven bestmöglich zu unterstützen. Ein Verdacht der Sachbeschädigung rechtfertigt in keinster Weise beschriebene Maßnahmen. Ganz egal in welchem Land dieser Welt.

UPDATE (1. Mai 2017 – 22:50 Uhr)

Sven durfte am heutigen frühen Abend den Polizeigewahrsam verlassen. Aufgrund seiner dortigen Behandlung werden wir in den nächsten Tagen eine ausführliche Stellungnahme veröffentlichen, um auf die dortigen Missstände aufmerksam zu machen. Insbesondere die Tatsache, dass einem Minderjährigen jeglicher Kontakt mit seinen Eltern verwehrt wird halten wir in einem EU Mitgliedsstaat für eine nicht akzeptable Rechtsverletzung.

Eine DNA Probe ohne Wert

Die Anordnung zur Abgabe einer Speichelprobe benötigt einen richterlichen Beschluss. Diese Hürde hat der Gesetzgeber geschaffen, damit diese Maßnahme nur im Falle schwerer Straftaten angeordnet werden kann. Darüber hinaus darf der Beschluss nur erfolgen, wenn noch keine DNA Probe gespeichert ist.

Der Falle des RWH-Mitglieds Tobias (Name wie immer geändert) zeigt jedoch, dass auch in so manchem polizeilichen System nicht alles funktioniert.
Tobias erhielt eine Vorladung aufgrund des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung und Sachbeschädigung anlässlich des Heimspiels gegen Eintracht Braunschweig in der Saison 2015/2016. Natürlich machte Tobias von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch und gab auch sonst keine weiteren Angaben preis.
Als Ergebnis erhielt er einige Zeit später eine weitere Vorladung, dieses Mal mit dem richterlichen Beschluss zur Abgabe einer Speichelprobe.
Tobias wusste, dass er bereits einmal eine DNA Probe abgegeben hatte und schaltete deshalb den RWH-Anwalt Philipp Adam ein.
Nach Kontaktaufnahme mit der zuständigen Polizeibehörde zeigte man sich überrascht. Denn dort konnte man zunächst nicht feststellen, dass bereits eine Probe vorlag. Als der Fehler dann eingesehen war, wurde die Vorladung aufgehoben.
Anscheinend wurde versucht, über eine solche Vorladung zu einem Termin zur Abgabe der Speichelprobe bei der das Erscheinen Pflicht ist, an weitere Informationen zu gelangen.

Durch Akteneinsicht ergab sich, dass am Tatort wohl Speichel gesichert wurde und die Polizei über diese Spur den Täter identifizieren will.
Beim Abgleich der Speichelproben stellte sich jedoch heraus, dass Tobias nicht der Täter war. Das eingeleitete Verfahren wurde eingestellt.